JULIA MALISCHNIG - "La Guitarra esencial" Interview



Das "La Guitarra esencial" Festival in Millstatt am See in Kärnten feuert heuer sein 10-jähriges Festivaljubiläum. Vom 2. bis zum 6. August bietet das Event dieses Jahr sein bis dato wohl ausgefeiltestes Program. Die Bandbreite reicht dabei genreübergreifend von Klassik über Fingerstyle, Klangwelten aus dem Reich der mongolischen Steppe und des Himalaya, bis hin zu skandinavischen Tälern. Gegründet und geleitet von der österreichischen Gitarristin JULIA MALISCHNIG, hat sich das Festival weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen als eines der spannendsten Veranstaltungen rund ums Thema Gitarre gemacht. Wir sprachen mit Julia über die Highlights des Festivalprogramms, ihre neue CD „Kiss of Life“, und ihren musikalischen Werdegang. (Photo: Gisela Schenker)

 

Hallo Julia, zuallersteinmal herzlichen Glückwunsch! Das „La Guitarra esencial“ Festival feuert heuer sein 10-jähriges Jubiläum. Wenn du auf die letzten zehn Jahre zurückblickst, was ist dir da besonders in Erinnerung geblieben?

Danke. 10 Jahre „La Guitarra esencial“ ist auch für mich ein ganz besonderer Grund zur Freude! Viele besondere Momente und einzigartige Konzerterlebnisse mit großartigen Künstlern wie Ralph Towner, Stanley Jordan, Tuck & Patti, Gerardo Núñez, Paco Peña, Cañizares, Rolf Lislevand, Dino Saluzzi, Badi Assad,  Avi Avital, Tommy Emmanuel, Al di Meola,  Pepe Romero, dem Rosenberg Trio, Harri Stojka, den Boulevard Harmonists, und so vielen mehr... sie alle klingen immer noch nach und haben auch in Millstatt ihre musikalischen Spuren hinterlassen.


Kannst du uns von der Idee zum Festival und den Anfängen erzählen?

Ich hatte vor 10 Jahren die Vision und den Wunsch, die Gitarre auf eine größere Bühne zu bringen und sie von der Klassik hin zu einem noch viel breiteren Spielfeld zu entwickeln und einem größeren Publikum zu eröffnen. Seit 10 Jahren ist die Gitarre bei La Guitarra esencial Gastgeber und lädt alle erdenklichen Musiker und Instrumentalisten, Sänger, Tänzer und Schauspieler ein, in musikalischen Dialog zu treten. Seit 10 Jahren erlebt das Publikum in Millstatt auf diese Weise ein spannendes  Saitenspiel zwischen Form und Freiheit, das immer wieder aufs Neue überrascht, fasziniert und nachhaltig begeistert.


Lass uns über das Programm heuer reden. Welche Künstler sind dieses Jahr dabei, und was erwartet die Besucher?

Wenn vom 2. - 6. August 2017 in Millstatt glanzvoll unser 10-jähriges Festivaljubiläum gefeiert wird, erwarten das Publikum die wohl eindrucksvollsten Saitenspiele bislang. Zur Premiere kommt beim Eröffnungskonzert meine eigens für diesen Anlass kreierte poetische Aufführung  „All about Dreams“, die Musik, Sprache und Tanz verwebt. Miteinander in künstlerische Interaktion treten neben mir die Intendantin des Ensembles Porcia Schauspielerin ANGELICA LADURNER und Schauspieler REINHARDT WINTER, die spanische Tänzerin LAURA MORALES und der israelische Mandolinen- und Lautenspieler ALON SARIEL.


Eine Sensation verspricht das Anniversary Concert am 3. August, wenn sich erstmals alles um das Klavier dreht und mit DAVID HELFGOTT, einer der außergewöhnlichsten Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit, nicht nur der 70. Geburtstag des Weltstars, sondern auch die Premiere des Pianos bei La Guitarra esencial in Millstatt gefeiert wird.



Einblick in das Leben des Ausnahmekünstlers kann man zuvor bereits ab Juni in dem berührenden und mitreißenden, mit Preisen ausgezeichneten dokumentarischen Kinofilm „Hello, I am David“ gewinnen, der im Kino Millino in Millstatt und im Filmstudio in Villach ausgestrahlt wird. Am 1. August wird als Preview auf das Festival eine Gala-Filmvorführung von „Hello, I am David“ in Anwesenheit der Regisseurin Cosima Lange, David und Gillian Helfgott im Kino Millino in Millstatt stattfinden.


Am 4. August sind zwei Gitarrenduos bei La Guitarra esencial zu erleben: zunächst die charismatischen Jungstars Magdalena Kaltcheva und Carlo Corrieri, die als Duo CARisMA mit Welttenor Andrea Bocelli immer wieder auf Tour sind, und anschließend das Guitar Duo HANDS ON STRINGS mit Thomas Fellow und Stephan Bormann, die von Klassik bis Fingerstyle mit ihrem explosiven Spiel zu begeistern wissen.

 


Zu großem Finale ist mit MATHIAS DUPLESSY & THE VIOLINS OF THE WORLD eine Österreich-Premiere zu erwarten: CRAZY HORSE – Das Sensationsquartett aus Frankreich/China/Mongolei mit Gitarre, chinesischer Röhrenspießlaute „erhu“, skandinavischer Schlüsselharfe „Nyckelharpa“, mongolischer Pferdekopfgeige und Obertongesang.



Zum Abschluss gibt es dann die traditionelle Sonntagsmatinee. Unter der Leitung des italienischen Gitarristen und Komponisten VITO NICOLA PARADISO werden die Teilnehmer des Gitarrenorchester Workshops das 10. Internationale Gitarrenfestival ausklingen lassen. 


Ihr bietet ja auch eine Reihe von Workshops an. Wie wird das vom Publikum angenommen, und auf wen dürfen wir uns diesbezüglich heuer freuen?

Die Workshops sollen speziell den Gitarristen, Studenten und Schülern Möglichkeit zur Fortbildung in der schulfreien Zeit bieten. Eingebettet in das Festival „La Guitarra esencial“ können die Kurs-und Festivalteilnehmer somit ein umfangreiches Gesamtpackage von Konzerten, Workshops und einer gemeinsamen Abschlussmatinee erleben. „La Guitarra esencial“ legt auch beim Kursprogramm großen Wert auf eine gelungene Mischung und spannende wie hochkarätige Dozentenauswahl. Heuer erwarten wir groovige Gitarrenkurse mit Thomas Fellow und Stephan Bormann, einen Workshop rund um Jazz Guitar mit dem bekannten Kärntner Jazzgitarristen Primus Sitter und  einen vielsaitigen Gitarrenorchesterworkshop mit dem italienischen Gitarristen und Komponisten Vito Nicola Paradiso. Zur Entspannung startet jeden Morgen eine energetische Yoga-Stunde mit Monika O`Shea. 



Du bist ja selbst Musikerin. Wie darf man sich die organisatorische Arbeit rund um das Festival herum vorstellen, wann beginnst du mit der Programmplanung, wie viel Zeit wird darauf verwendet, wie sieht es mit Unterstützung aus, beispielsweise durch Sponsoren u/o die öffentliche Hand?

Wie bei allen Veranstaltern ist auch das „La Guitarra esencial“ Festivalprogramm weit vorausgeplant. Unser Blick ist immer in die Zukunft gerichtet und dementsprechend ist auch die Organisation und Programmierung sehr vorausschauend.

Kultur ist abhängig von Partnern und Sponsoren, und so bleibt dies immer mit der unsicherste und zeitintensivste Part. Wir haben das Glück, eine Reihe von verlässlichen wie starken Partnern an unserer Seite zu haben, und ich bin dankbar für die Unterstützung und Wertschätzung, die „La Guitarra esencial“ erfährt.


Bitte erzähle uns doch von deinem persönlichen Werdegang. Wie bist du zur Gitarre gekommen?

Die Gitarre und ich .... das war Liebe auf den ersten Blick, als ich vier Jahre alt war. Dank meiner wunderbaren ersten Gitarrenlehrerin Barbara Dietrich an der Musikschule Spittal wurde ich neben meiner umfassenden  musikalischen Ausbildung auch stets umsichtig wie liebevoll begleitet, was mir schon früh viele Wege für die weitere Zukunft geöffnet hat.


Gab es einen bestimmten Punkt in deiner Karriere, an dem du wusstest, dass du Musikerin werden würdest, oder war das ohnehin von vorhinein klar?

Es hat sich nie die Frage gestellt, je etwas anderes zu tun, denn mein Weg war immer klar gezeichnet und vor allem von Freude und Liebe zur Musik und zu meinem Instrument geprägt.

 

Copyright: Gisela Schenker



Wir würden gerne mehr über dein aktuelles Album „Kiss of Life“ erfahren. Wie lange hast du dafür komponiert? Wie und wo hast du aufgenommen?

Meine Kompositionen entstehen immer unvorhersehbar. Die größte Inspiration nehme ich von Reisen mit, von besonderen Begegnungen und berührenden Erlebnissen mit Menschen und Momenten. Kiss of Life ist von meinen Konzertreisen nach Südafrika, Georgien, Aserbaidschan, Abu Dhabi, Dubai und Kiew ebenso inspiriert wie von meinen Kärntner Wurzeln. Alle Solostücke auf meinem Album habe ich im Festspielhaus der Tiroler Festspiele in Erl aufgenommen. Der Saal ist einzigartig in Architektur und Klang und ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich dort jedes Jahr mit meiner "Una Noche de Guitarra", zu der ich immer wieder tolle Gitarristen und Musiker einlade, spielen darf. Hierzu auch ein Konzerttipp: UNA NOCHE DE GUITARRA – JULIA MALISCHNIG & JAVIER CONDE FLAMENCO QUARTET, 25. Juli 2017, Tiroler Festspiele Erl.



Wo wurde denn das tolle Video gedreht?

Kiss of Life entstand hoch oben auf der Millstätter Alpe, am Granattor, am Sentiero dell'Amore, dem Weg der Liebe. Es war auch für mich eine besondere Erfahrung an diesem Kraftort zu drehen und gemeinsam mit dem Regisseur mein Kiss of Life einzufangen.




Kannst du uns kurz etwas über deine anderen Projekte, z.B. „Dreistimmig“ und „Andalucía!“ erzählen?

"Dreistimmig" ist ein sehr stimmungsvolles Projekt, in dem ich mich gemeinsam mit Harfenistin Monika Stadler und Percussionistin Ingrid Oberkanins auf eine instrumentale und vokale Weltreise begebe, von den Anden über Andalusien, nach Georgien und Aserbaidschan bis nach Kärnten und dem Kärntnerlied.

In Andalucá!, basierend auf dem Meisterwerk der Weltliteratur „Platero y yo“ von J. R. Jiménez, kreiere ich gemeinsam mit  Schauspielerin Heilwig Pfanzelter und Percussionistin Ingrid Oberkanins eine poetische Entdeckungsreise in das malerische Andalusien.

Im spannenden Projekt TODO TANGO! – ALLES TANGO! entführen meine Tango-Band und ich das Publikum mit Tanz, Gitarre und Gesang, Bandoneon & Band in die atemberaubende Welt des Tangos. Ein akustisches wie optisches Tango-Feuerwerk, in perfekter Symbiose aus Musik, Sprache, Gesang und Tanz, das wir als umjubelte Premiere beim La Guitarra esencial Silvester Galakonzert am 31. Dezember 2016 in Millstatt gefeiert haben.

Besonders gespannt sein darf man auf mein ganz neues Projekt mit dem israelischen Mandolinen- und Lautenvirtuosen Alon Sariel. Erstmals hören und erleben kann man uns am 2. August bei der Premiere von „All about Dreams“, dem Eröffnungskonzert des 10. „La Guitarra esencial“ Festivals in Millstatt.


Woher kommt deine Liebe zum Flamenco (&Tango)?

Die wurde mir offensichtlich in die Wiege gelegt ;) Und ich denke das ist zurückzuführen auf mein Temperament. Ich komme ja aus dem Süden, und da herrscht Feuer, Emotion und Leidenschaft – eben wie im Tango und im Flamenco.


Was inspiriert dich, und wie gehst du ans komponieren, arrangieren, etc. heran?

Reisen, Menschen, besondere Momente und Erlebnisse, die mich berühren und emotional in der Tiefe erreichen. Das sind meine Inspirationsquelle, die nie vorab planbar oder vorhersehbar sind. So ist es auch für mich immer wieder ein Geschenk, wenn ich mich plötzlich von der Muse geküsst im Schaffungsprozess zu einem neuen Stück wiederfinde.


Wie sieht bei dir Übungsroutine aus? Übst du täglich, und wenn ja, was? Gibt es noch Bereiche, die du gerne in deinem Spiel verbessern würdest?

Mein tägliches Übungspensum ist sehr abhängig von meinem Zeitpotenzial, das ich hinsichtlich meiner Arbeit und vielfältigen Arbeitsfelder mal mehr, mal weniger intensiv zur Verfügung habe. Wenn große Konzerte und Programme anstehen, muss Vorbereitung natürlich Priorität haben, wobei es mir immer wichtig ist, freudvoll zu üben.


Welches ist dein Haupt-bzw. Lieblingsinstrument? Warum?

Ich hatte immer nur eines und nie ein anderes...my guitar.


Unterrichtest du denn auch? Was sind deiner Meinung nach die häufigsten Fehler die Anfänger machen, bzw. auf was sollte man in seiner musikalischen Entwicklung denn besonders achten?


Eingebettet in meine Funktion als Fachgruppenleiterin für Zupfinstrumente im Oö. Landesmusikschulwerk unterrichte ich auch an der Landesmusikschule Gunskirchen und leite "Las Guitarras" - das landesweite Gitarrenorchester der Oö. Landesmusikschulen.

Als Lehrerin ist  für mich eine ganzheitliche und freudvolle Musikvermittlung für eine gute musikalische Entwicklung am wichtigsten. Wenn Haltung, Technik und Tonbildung  Hand in Hand gehen mit Entwicklung der Vorstellungskraft, Gehörbildung und Förderung der gesamten musikalischen Wahrnehmung, entwickelt und entfaltet der Schüler auf natürlichem Wege sein eigenes musikalisches Ich. Neben einem geeigneten Instrument ist auch eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung sehr wichtig, um den Schüler mit dem richtigen Gespür auf seinem musikalischen Weg zu begleiten.


Bitte erzähle uns noch von deinen Einflüssen – wer hat dich in deinem Spiel am meisten beeinflusst? Gibt es ein Album, welches dich besonders geprägt hat?

Nach meinem Studium der klassischen Gitarre an der Universität für Musik in Wien habe ich begonnen vieles intensiver zu hören, Jazz, Worldmusic, Sängerinnen, Gitarristen und alle möglichen Instrumentalisten. Ralph Towner, Dino Saluzzi, Mercedes Sosa haben mich schon damals sehr fasziniert und meine eigene musikalische Weiterentwicklung sicherlich sanft in der Findung meines eigenes Weges begleitet.

 

Den Flyer gibts auch als Download.



Jetzt bist du nicht nur eine Virtuosin auf der Gitarre, sondern auch noch mit Gesangstalent gesegnet. Welchen Stellenwert hat dabei das Singen für dich?

Ich bin Gitarristin und sehe mich als Gitarristin mit Stimme. Singen ist für mich ein tiefer Ausdruck  von Leidenschaft. Wenn ich zu meiner Gitarre singe, so fühle ich mich auf einer noch tieferen Ebene mit meiner Gitarre und mir vereint und erreiche so meist nicht nur die Ohren der Zuhörer, sondern auch ihre Herzen.


Was würdest du angehenden Musikern raten, die ihren Lebensunterhalt mit Musik bestreiten wollen?



Macht euch unabhängig. Von Musik leben zu müssen, angewiesen sein zu müssen, täglich Konzerte zu spielen, um sein Brot zu verdienen, ist nur für wenige Ausnahmen gesund und machbar. Nutzt euer Wissen, es auch an andere, besonders an den Nachwuchs weiterzugeben. Unterrichten ist ein wunderbarer Beruf, der beides möglich macht. Ein gesichertes und auch ein freies Leben.



Musiker zu sein ist Berufung, doch die größte Herausforderung ist, diese Berufung in Balance mit dem eigenen Leben zu bringen. Es gibt viele Möglichkeiten, Musiker zu sein, aber ich kann nur jedem angehenden Musiker raten, sich frühzeitig abzusichern, mit einer zusätzlichen Tätigkeit, die gleichzeitig Freude macht und finanzielle Sicherheit bringt. Erst dann kann man es genießen ein Leben lang Musiker aus Berufung zu sein.



Vielen Dank für das ausführliche Gespräch Julia.

 



LINKS

www.laguitarraesencial.com

www.juliamalischnig.com

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