NOVA ROCK 2014 - Erster Tag - Freitag 13.06.

 

Dass man älter geworden ist, weiss man spätestens dann, wenn man mit DAVID HASSELHOFF  nicht nur "Baywatch", sondern insbesondere auch "Night Rider" in Verbindung bringt. Der Veranstalter entsprach nämlich dieses Jahr dem Wunsch vieler Fans, und brachte "The Hoff" am zweiten Konzerttag des Festivals als Special Guest und "Headliner der Herzen", wie es ein Kollege vom Stormbringer ausdrückte, nach Nickelsdorf. Aber dazu später mehr.



Besonders angenehm waren auch heuer wieder die Temperaturen. Hatte es am ersten Tag noch nach etwas Regen ausgesehen, so lichteten sich die Wolken recht schnell und bescherten den Konzertbesuchern ein tolles Konzerterlebnis, bei dem die Stimmung einmal mehr top war. Dazu maßgeblich trug die tolle Organisation des Veranstalters bei. Laut Veranstalter und NOVA ROCK Mastermind Ewald Tatar war es dieses Jahr auch das ‚ruhigste‘ vom sicherheitstechnischen Aspekt her gesehen. Ein dickes Lob und Dankeschön daher an dieser Stelle an alle Beteiligten, Helfer, und die Exekutive.


Aber genug der einleitenden Worte. Zum zehnjährigen Jubiläum des Festivals hatte man 2014 wieder ein sagenhaft gutes Line-up zusammengestellt, das wirklich keine Wünsche offen ließ. Hier eine Auswahl der Shows, die wir uns ansehen und fotografieren konnten.


SEPULTURA
Puh, gleichsam mächtig wie sperrig zockten die Brasilianer ihr Novarock-Set. Gleichwohl die MOTÖRHEAD des Thrash Metal auch mit Neo-Glatzkopf Derrick Greene am Mikro schon seit langem unter Beweis stellen, dass sie es live draufhaben, unterzogen sie ihre Fans mit den schwierigen (aber meist eh noch besseren) Nummern der letzten Alben (vor allem “The Mediator Between Head And Hands Must Be The Heart”) einer harten Bewährungsprobe. Zu zerfahren und wenig zwingend sind Songs wie „Manipulation Of Tragedy“…dennoch krachte und rock n´ rollte der Vierer amtlich daher. Gitarrist Andreas Kisser und Basser Paolo Jr. (das einzige, mittlerweile arg ergraute Ur-Mitglied) posten amtlich und hatten naturgemäß mit den in der zweiten Sethälfte gezockten Band- und Genre-Klassikern leichtes Spiel. Ein dynamisches Konzert (samt der üblichen Percussion-Einlagen und kernigen „Serrrrrrvus“-Begrüßungen durch den Frontmann) ging zu Ende, trotz aller Livegewalt (der Livesound war heute eher mau) muß schön langsam eine Reunion mit den Cavaleras näherrücken, auch wenn das abgedroschen klingen mag. Gute Liveleistungen, die vor allem vom jungen Publikum goutiert werden, können und dürfen nicht weiter über schlechte Studioleistungen hinwegtäuschen, und der schwarze Peter dafür darf hier keinesfalls dem ambitionierten und sympathischen Greene zugeschoben werden. Ich war am heutigen Tage jedenfalls froh, niemals meinem Anfang-90er-Fanboy-Wunsch nach einem SEPULTURA-Tribal-„S“-Tattoo erlegen zu sein.

 

PHIL ANSELMO & THE ILLEGALS
Die Truppe um den ehemaligen, recht gut im Futter stehenden PANTERA-Frontmann war neben CROWBAR ein echt schwermütiger Brecher auf dem Festival. Schon auf der „Walk Through Exits Only“-CD wirkte das Songmaterial weitestgehend unzugänglich und kantig, ebenso schwer war auch die Darbietung des sperrigen Songmaterials im hellen Sonnenschein, nach dem guten „A New Level“-Einstieg seiner ex-Band nützten nicht wenige der Zuschauer die Möglichkeit, sich zu stärken und bekamen das finale „Domination“-Cover von PANTERA nur mehr von Weitem mit. Dürfte in Clubs um einiges energetischer und atmosphärisch dichter rüberkommen als auf der hellichten Riesen-Open Air-Bühne, ob die Verpflichtung von Anselmo´s Truppe für solche Festivals viel bringt, bleibt fraglich.

 

BLACK STONE CHERRY
Die Kentucky-Jungs waren danach schon ganz anders gestrickt. Nachdem sich der Himmel kurz zuvor bei PHIL ANSELMO sinngemäß verdunkelt hatte, ging mit BLACK STONE CHERRY sprichwörtlich die Sonne auf. Gute Laune-Titel wie „Blind Man“, „White Thrash Millionaire“ oder „Blame It On The Boom Boom“ zündeten fast erwartungsgemäß beim feierwilligen Publikum und schoben die imaginären Wolken beiseite. Die äußerst agil über die Bühne fegenden, mächtig abrockenden und posenden Musiker ließen sich von der in den Zuschauergesichtern widergespiegelten Partylaune umgehend anstecken und gaben die dergestalt aufgenommene Energie umgehend ins Auditorium zurück. Der heutige, spritzig-rockende und auch sympathische Auftritt darf als voller Erfolg für die Band verbucht werden.

 

STEEL PANTHER
Die einst als METAL SKOOL durch die einschlägigen Szene-Locations der USA tingelnde Truppe war eine der Gewinnerbands des heurigen Festivals. Innerhalb kürzester Zeit schaffte es die Hairspray-Combo auf die großen Bühnen. Und diesem Anspruch wurden die stählernen Panther auch am heutigen Tage gerecht, der Zuschauerzuspruch war immens und die Massen ließen ihre Helden hochleben. Sexy Lexxi am Bass zog seine Pretty-Hair-MakeUp-Show ebenso durch wie Satchel posenreich seine Gitarre bearbeitete. Eine gehörige Portion Selbstironie durfte auch nicht fehlen und schützte die Band vor kompletter Klamaukshow-Lächerlichkeit. Der einzige Echthaarler in der Runde, Sänger Michael Starr mimte den Entertainer und sorgte für Bewegung auf der Bühne. Abseits des mehr oder weniger unterhaltsamen bis belanglosen Gelabers rund um Titten, Pussies und Blowjobs blieb recht wenig Nettospielzeit übrig, in der vor allem die lässigen Nummern älteren Datums („Asian Hooker“, „Community Property“) punkteten, musikalisch hat es das Kalifornien-Quartett ohnehin drauf, das mußte heute nicht extra bewiesen werden. Angestachelt vom tosenden Jubel der Tausenden zogen schließlich einige Damen obenrum blank, was der Show zusätzliches Futter aus dem Auditorium heraus bescherte. Die jungen Massen waren von der sehr unterhaltsamen Darbietung höchst angetan und auch den reiferen Semestern huschte das eine oder andere Lächeln über die Lippen, wenngleich sich der Witz und das spritzig-neue STEEL PANTHER-Element zumindest für mich schon längst abgelutscht hatte.

 

SLAYER
Probleme mit dem Backdrop führten gleich eingangs zu leichter Nervosität bei den gespannten SLAYER-Fans. Dazu später mehr. Endlich war die Bühne in Blutrot getaucht und das infernale Intro zu „Hell Awaits“ sorgte für ekstatische Verzückung ob des Soundorkans der folgen sollte. Und wie er folgte…die Thrash-Legende zog alle Register und fönte einen amtlichen Thrash-Sturm aus der Anlage. Kernige Riffarbeit des sympathischen Neo-Rauschebarts Gary Holt sowie des kahlen, kettenbehangenen Stakkato-Bangers Kerry King bildete die Basis für einen routiniert-guten Livegig, bei dem auch Paul Bostaph wieder eine exzellente Leistung hinter seiner Schießbude abrufen konnte. An der Songauswahl gab es ebenso wenig zu mäkeln, hier kann ohnehin aus dem Vollen geschöpft werden, doch auch der einzige wirklich neue Titel „Hate Worldwide“ knallte amtlich. Gleichwohl kleinere Mankos festzustellen waren (Araya´s Schreie sind nicht mehr gleich geil wie früher und auch die Stellungswechsel der Sechssaiter wirkten arg einstudiert, Holt muss hier zukünftig mehr aus dem King-Chef-Schatten treten) zockten die Totschläger ein fettes und tightes Set, das auch die Ketzer- und Früher-War-Alles-Besser(wisser)-Fraktion überzeugen sollte. Bei „Angel Of Death“ fiel das minimalistisch anmutende „Slaytanic Wehrmacht“-Backdrop und gab die Sicht frei auf ein Jeff Hannemann-Gedächtnis-Banner (im Heineken Bier-Stil) mit der Aufschrift “Hannemann”/„Angel Of Death“/“Still Reigning“ – eine still-unpeinliche und gleichzeitig wuchtig-plakative Würdigung des 2013 verstorbenen Stammgitarristen.

 

PRODIGY
Die Engländer hatten mich schon seinerzeit bei ihrem Gig in der Innsbrucker Olympiahalle mächtig beeindruckt. Der wummernde Bass und die drückenden Beats erreichten heute zwar nicht das gleiche Intensitätslevel wie in der Halle, da sie ein wenig in der Open Air-Atmosphäre verpufften, dennoch zockte die Truppe um Mainman Liam Howlett ein drückendes Headlinerset. „Voodoo People“ bildete den Opener, danach ging es Schlag auf Schlag, „Breathe“, „Omen“, „Poison“…PRODIGY kleckerten nicht, sie klotzten, wer hat der kann! In imposanter Weise ließen sie ihre musikalischen Muskeln spielen und zauberten einen Hit nach dem anderen aus dem Hut. Bei „Firestarter“ war ohnehin kollektives Auszucken angesagt, doch auch „Run With The Wolves“, „Thunder“ und der Titeltrack machten klar, welcher Kracher „Invaders Must Die“ (2009) ist, an einem Nachfolger sollte die Band nach dieser langen Zeit dringendst zu Ende basteln, einige der neuen Nummern (“Rockweiler”, “Jetfighter”) verhießen schließlich schon so einiges.



Maxim und Keith beschritten die über und über mit Trockeneisnebel verhangene Bühne, die in der lässigen Lichtshow richtig schräg, düster bis spooky zur Geltung kam. Der Videosingle-Hit „Smack My Bitch Up“ beschloß das reguläre, mit allerlei elektronischen Spielereien gespickte und großformatige Set, auf „No Good“ mußte die beatverliebte sowie tanz- und bewegungsfreudige Meute leider verzichten, dafür wurden als Zugaben aber „Their Law“ und das uralte „Out Of Space“ aufgeboten. Danach war Schicht im Schacht und ich hatte es nicht bereut, die Engländer statt der zeitgleich gastierenden (aber schon öfter live begutachteten) VOLBEAT gesehen zu haben. Aufgrund von Programmüberschneidungen fiel auch der Gig von LIMP BIZKIT am heutigen Tag leider ins Wasser. PRODIGY hatten inmitten des gitarrenlastigen Umfeld ihren elektronischen Kampf äußerst erfolgreich für sich entschieden.