Konzertnachlese: TESTAMENT, ANNIHILATOR, DEATH ANGEL, Wien, 20. November



Montage gehören ja eher nicht zu den beliebten Wochentagen. Anders sieht die Sache jedoch aus, wenn sich gleich drei Thrash-Urgesteine einfinden, um ein Hit-Gewitter über die zahlreich aus dem In- und Ausland erschienenen Fans niedergehen zu lassen. So geschehen an diesem 20. November-Abend, an dem sich TESTAMENT, ANNIHILATOR und DEATH ANGEL in der großen Halle der sehr gut besuchten Wiener Arena ein Stelldichein gaben.



Eigentlich waren wir an diesem Tag zu einem Interview mit ANNIHILATOR Mastermind Jeff Waters verabredet gewesen.  Leider musste dieses jedoch aufgrund von Jeffs Erkältung abgesagt werden, was jedoch einem gelungenen Konzertabend keinen Abbruch tun sollte.

 



Eröffnet wurde der Reigen von den Bay-Area Thrashern DEATH ANGEL, die in nie gesehener Höchst-Form aufspielten. Mit dem Doppel „Father of Lies“ und dem 2013 erschienenen „The Dream Calls For Blood“ des gleichnamigen Albums katapultierten die Mannen aus San Franzisko sich und das Publikum aus dem Stand auf Konzertbetriebstemperatur. Weiter ging es dann mit Klassikern wie "Claws in So Deep" und „The Ultra-Violence“. Angesichts des guten Sounds stellte sich jedoch unweigerlich das Verlangen ein, ein viel längeres Set des Fünfers hören zu wollen. Bei ihrer unglaublichen Diskografie hätte man ein ganzes Headliner-Set locker vertragen. „The Moth“ des 2015 erschienen „The Evil Divide“ setzte schließlich den Schlusspunkt unter ein viel zu kurzes Set. Hoffentlich kommen die Jungs bald wieder, denn was hier bereits mit dem Opener geboten wurde, war ganz große Klasse.


Setlist DEATH ANGEL

Father of Lies
The Dream Calls For Blood
Claws in So Deep
The Ultra-Violence / Thrown to the Wolves
Mistress of Pain
The Moth



Das Problem mit den viel zu viel starken Nummern, die aufgrund des strikten Zeitplans unter den Tisch fielen, ja fallen mussten, hatten an diesem Abend nicht nur die Jungs von DEATH ANGEL. Auch Jeff Waters und seine ANNIHILATOR haben dermaßen Munition in der Hinterhand, dass wir gespannt waren, mit welchen Songs die Kanadier dem Publikum aufwarten würden. Vor allem: wie würde Jeff Waters Performance aufgrund seiner eingangs erwähnten Erkältung ausfallen? Diesbezüglich konnte jedoch gleich zu Beginn Entwarung gegeben werden. Waters war in Anbetracht der Umstände top in Form, und die Band stand in Sachen Spiellaune den Vorgängern auf der Bühne in nichts nach. Mit „One to Kill“ vom erst unlängst erschienen Album „For the Demented“ ward auch gleich ein neuer Klassiker geboren. Waters und seine Mitstreiter rifften sich hochmotiviert und mit Elan durch ein ANNIHILATOR „Best of“, bei dem jedoch, wie konnte es anders sein, viele Songs schmerzlich vermisst wurden. Besonders angetan hatte es uns der „Never, Neverland“ Kracher „Phantasmagoria“, bei dem das Publikum Waters kräftig unter die Arme griff. Dem 1989er Debut wurde schließlich gleich mit drei Songs Tribut gezollt. Allen Unkenrufen zum Trotz funktioniert dabei Jeff Waters als Gitarrist und Sänger in Personalunion auch live ganz vorzüglich.





Setlist ANNIHILATOR

One to Kill
King of the Kill
No Way Out
Set the World on Fire
Phantasmagoria
Twisted Lobotomy
W.T.Y.D.
Alison Hell
Human Insecticide



Da hatten DEATH ANGEL und ANNIHILATOR ganz schön was vorgelegt. TESTAMENT ließen sich jedoch nicht lumpen, und nutzten die Möglichkeiten eines Headliner-Sets voll und ganz aus. Schließlich hatte man die Bay-Area Legenden in letzter Zeit auch immer „nur“ als Teil eines größeren Pakets als Vorband erleben dürfen. „Brotherhood of the Snake“ und „Rise Up“ gaben gleich zu Beginn die Marschrichtung vor, und zeigten einen bestens gelaunten Chuck Billy, der ganz nebenbei bemerkt beste Chancen bei einem Luftgitarren-Wettbewerb hätte. Selten eine so schnelle rechte Hand gesehen. Selbst die Akkordwechsel spielte er mit der Linken nach.



Gitarrist Alex Skolnick hatten wir erst kürzlich in Wien mit seinem Jazz-Trio live erlebt und auch ein ausführliches Interview mit ihm geführt, das ihr hier nachlesen könnt. Sein Solo an diesem Abend war eines der besten, das wir in letzter Zeit zu hören bekommen haben, und leitete, die Freude war groß,  zu „Electric Crown“ des 1992 erschienen „The Ritual“ (eines der ansonsten schwächeren Alben) über. Auch die anderen Bandmitglieder erhielten jeweils einen Solospot, und konnten so beim Wiener Publikum, das zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch aus dem benachbarten Ausland Verstärkung erhalten hatte, vorstellig werden. TESTAMENT nutzten an diesem Abend die Möglichkeit eines Headlinersets voll aus, und bedienten sich und das Publikum reichhaltig mit einer mit Bedacht ausgewählten Setlist an Bandklassikern. Einzig der Sound war für unseren Geschmack bei den Vorbands besser gewesen, zumindest im vorderen Bereich.

Ein gelungener Abend, mit drei Bands, die an diesem Abend in Höchstform aufspielten. Das gibt es nicht alle Tage. Beide Daumen hoch für eine perfekte Vorstellung!

Setlist TESTAMENT

Brotherhood of the Snake
Rise Up
The Pale King
More Than Meets the Eye
Centuries of Suffering
Alex Skolnick Solo
Electric Crown
Into the Pit
Low
Stronghold
Throne of Thorns
Eric Peterson Solo
Eyes of Wrath
Gene Hoglan Solo
First Strike Is Deadly
Steve DiGiorgio Solo
Urotsukidôji
Souls of Black
The New Order

Zugaben

Practice What You Preach
Over the Wall

 

Photos by Richman.