ZODIAC "A Hiding Place"

 

2013 darf nicht vergehen, ohne dass an dieser Stelle eine Rezension eines DER Hardrock-Kracher Alben des Jahres erscheint. Die Rede ist von „A Hiding Place“  der deutschen Band ZODIAC aus Münster, dem zweiten Studioalbum nach dem im Jahre 2012 erschienen starken Erstlingswerk „A Bit of Devil“.

Fans von LED ZEPPELIN, GRAVEYARD oder den grandiosen RIVAL SONS kommen bei „A Hiding Place“ voll auf ihre Kosten. Der Vierer rund um Nick Van Delft (Vocals & Lead Guitar), Stephan Gall (Rhythm Guitar), Ruben Claro (Bass & Organ) und dem auch bei LONG DISTANCE CALLING aktiven Schlagzeuger Janosch Rathmer (Drums & Percussion), hat ein unprätentiöses Album ohne viel Schnickschnack eingespielt.

Wird beim Opener „Downtown“ noch mächtig nach vorne gerockt, gehen die Jungs auf den darauffolgenden Songs etwas vom Gaspedal. Bei Nummern wie „Moonshine“ oder „Sleep of the Hollow“ wird es Fans klassischer Rockgitarrensounds warm ums Herz. Mit „Leave me Blind“ hat die Truppe auch eine der besten Balladen des Genres der letzten Jahre abgeliefert, und mit NEIL YOUNGs "Cortez the Killer" auch eine tolle NEIL YOUNG Coverversion draufgepackt.

War das Debutalbum schon ein gewaltiger Kracher, so haben sich ZODIAC mit ihrem zweiten Album endgültig auf der europäischen Blues/Hardrock Landkarte verortet. Auch wenn es für meinen Geschmack ruhig etwas deftiger zur Sache hätte gehen können, haben alle Songs auf „A Hiding Place“ mächtig Charakter.

Kurzum. Ein Album für Fans ehrlicher und traditioneller Gitarrenmusik, das Herzen von Retro-Rock-Fans höher schlagen lassen wird. Da wird selbst der Dortmund-Ems-Kanal zum Nebenarm des Mississippi.

Seit Juli 2013 sind die Jungs aus Nordrhein-Westfalen übrigens beim österreichischen Label Napalm Records unter Vertrag. Mit ihren Labelkollegen AUDREY HORNE werden ZODIAC im Neuen Jahr gemeinsam mit GRAND MAGUS auf Tour gehen, und am 21. März 2014 im Zuge der „Rock Revelation Tour“ einen Zwischen-Stopp in der Wiener Szene einlegen. Jau!


Erscheinungsdatum
: 25. Oktober 2013
Label: Napalm Records (Universal)

Tracklist

1. Downtown    4:49   
2. Free    7:19   
3. Underneath My Bed    3:41   
4. Leave Me Blind    4:36     
5. Moonshine    5:19   
6. Believer    7:36     
7. I Wanna Know Part I    1:36   
8. I Wanna Know Part II    5:58   
9. Cortez The Killer    8:37   
10. Sleep Of The Hollow    3:34   
11. Leave Me Blind (Extended)    7:03

www.zodiac-rock.com

GOV'T MULE "Shout!"

 

Review erschienen im Dezember 2013.


Wer dieses Jahr auf der Suche nach einem bodenständigen Blues und Southern Rock Album für den Gabentisch ist, wird an GOV’T MULEs „Shout!“ nicht vorbeikommen.

Wahrscheinlich hat Mastermind Warren Haynes selbst nicht damit gerechnet, dass er mit der im Jahre 1994 gegründeten Formation so erfolgreich sein würde. Nicht zuletzt Dank ihrer starken Live Präsenz haben sich GOV’T MULE nach einigen Besetzungswechseln und dem Tod von Basser Allen Woody im Jahre 2000 einen festen Platz in den Herzen der Fans erspielt. Man weiß es zu würdigen. Bei der Wahl zu den 100 größten Gitarristen aller Zeiten wurde Haynes im „Rolling Stone“ Magazin auf Platz 23 gewählt.

Der US-amerikanische Rock- und Blues-Gitarrist und Sänger Haynes hatte ja erst vor zwei Jahren mit seinem „Man in Motion“ Soloalbum von sich Reden gemacht. Nun liegt mit „Shout!“ das zehnte GOV’T MULE Studioalbum vor.

Und so ist auch „Shout!“ wieder ein erdiges Rock und Blues Album rund um Mitbegründer und Schlagzeuger Matt Abts, Multinstrumentalist Danny Louis und Basser Jorgen Carlsson geworden. Letzterer glänzt übrigens durch sein tolles Spiel. Selten so einen geilen, schmatzenden und dreckigen Bass-Sound gehört. Songs wie der Opener „World Boss“ oder das fetzige „No Reward“ bewegen sich alle durchgehend im Midtempo Bereich. “How Could You Stoop So Low” ist übrigens eine Verbeugung anlässlich des 40igsten Geburtstages des SLY AND THE FAMILY STONE Albums „Fresh“, und definitiv einer der Höhepunkte des Albums.

Als besonderes Schmankerl wurden die Songs des Albums von bekannten Musikern neu eingesungen. Darunter so bekannte Namen wie Elvis Costello, Dr. John, Ben Harper, Toots Hibbert, Glenn Hughes, Jim James, Myles Kennedy, Dave Matthews, und Steve Winwood. Ob jetzt die von Haynes dargebotene Original CD oder die von den Superstars eingesungenen Versionen besser sind, muss jeder für sich entscheiden.

Fazit: Ehrlich und traditionsverbunden wird hier in bester Southern Rock Tradition musiziert. Als langjähriges Mitglied der ALLMAN BROTHERS BAND weiß der Mann, wie erdiger Bluesrock mit Dreck unter den Fingernägeln zu klingen hat. „Shout!“ macht richtig Spaß, und offenbart mit jedem Durchgang neue Qualitäten. Sollte jemand in der glücklichen Lage sein, über Neujahr zufällig in New York zu sein, sollte man versuchen sich Karten für eine der zwei Special Shows mit Robby Krieger von THE DOORS im Beacon Theatre zu ergattern. Gediegen.


Erscheinungsdatum: 20. September 2013)
Format: Doppel-CD
Label: Mascot Label Group (rough trade)

CD 1


1. World Boss    5:24   
2. No Reward    4:54   
3. Whisper In Your Soul    5:11   
4. Captured    9:04    EUR 1,29     
5. Scared To Live    6:16   
6. Stoop So Low    8:23   
7. Forsaken Savior    6:16     
8. Done Got Wise    6:11   
9. When The World Gets Small    7:45   
10. Funny Little Tragedy    4:15   
11. Bring On The Music    11:05   
12. World Boss (with Ben Harper)    4:31   

CD 2


1. Funny Little Tragedy (with Elvis Costello)    4:11   
2. Stoop So Low (with Dr. John)    10:00   
3. Captured (with Jim James)    5:45    EUR 1,29   
4. Whisper In Your Soul (with Grace Potter)    5:10   
5. Scared To Live (with Toots Hibber)    5:51   
6. No Reward (with Glenn Hughes)    5:14     
7. Bring On The Music (with Ty Taylor)    6:42   
8. Forsaken Savior (with Dave Matthews)    5:17   
9. Done Got Wise (with Myles Kennedy)    6:11         
10. When The World Gets Small (with Steve Winwood)    6:35

 

www.mule.net

HANS PLATZ "Timestamps"

 



 

Review erschienen im Jahr 2013.

Seien wir uns ehrlich. Von den großen Namen des Genres weiß man meist - mehr oder minder - was man bei einer Platte zu erwarten hat. Große Überraschungen, und das muss für sich genommen jetzt nichts Schlechtes sein, bleiben da meist aus. Umso erfreulicher aber, wenn es Künstler gibt, die man so überhaupt nicht auf dem Radar hatte, und die wie aus dem Nichts materialisieren und ein hammerhartes Album abliefern. „Timestamps“ des Erlanger Gitarristen HANS PLATZ ist so ein Fall.



Einigen Lesern dürfte Platz als Gitarrist der deutschen Mittelalterband  FEUERSCHWANZ ein Begriff sein, mit welcher er seit 2008 auf der Bühne steht. Entstanden ist „Timestamps“ über einen Zeitraum von vier Jahren im Heimstudio von HANS PLATZ. Gemischt wurde dann in den Dolomiten von Fabio Trentini (GUANO APES). Als Gastmusiker konnte Platz so illustre Namen wie MARCO MINNEMANN, WOLFGANG HAFFNER, T.M. STEVENS, und MATTIAS IA EKLUNDH gewinnen. Mehr zur Entstehungsgeschichte in unserem Interview mit HANS PLATZ.



 
Anspieltipps? Einfach alles. Und hier liegt auch die Stärke des Albums. „Timestamps“ ist keine Aneinanderreihung von Licks und Soli, sondern besticht durch einprägsame Kompositionen bei denen niemals die Technik, wenn auch stellenweise beeindruckend zur Schau gestellt, im Vordergrund steht. Ob der Opener „Birdrange“, das proggige „Spanisch Race On A Devil’s Highway“, oder „Freak Sauna“ mit Basserlegende T.M. STEVENS – HANS PLATZ nimmt den Hörer auf abwechslungsreiche musikalische Erkundungsreisen im 7/8, 15/8, 9/8, oder auch mal im 5/4  Takt mit.

 
Das Artwork ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden, und das Booklet liefert ausführliche Hintergrundinformation zu jedem einzelnen Track und seiner Entstehungsgeschichte. In die Vai/Satriani Grundschule gegangen, hat Platz mit seinem ersten Soloalbum „Timestamps“ ein starkes Instrumentalwerk abgeliefert. Hin und wieder, so wie beim Opener, schimmert auch der Einfluß eines GUTHRIE GOVAN durch.

 
HANS PLATZ rockt das Haus! „Timestamps“ gehört für uns heuer zu den heißesten Anwärtern auf den Titel als „Instrumentalalbum des Jahres“. Ein rundum gelungenes Album. Fans deftiger Gitarrenmusik wissen, was zu tun ist!

 

Erscheinungsdatum: 11. Oktober 2013
Label: Piazza (Cargo Records)

Tracklist


1. Birdrange    2:58   
2. Spanish Race on a Devil's Highway    4:04     
3. Pull It Out    3:24   
4. Father    3:30   
5. Red Room Nine    3:30   
6. Axetasy    1:49   
7. Freak Sauna    3:24   
8. Deadman    2:59        
9. Timestamps    3:53      
10. This Is War    2:35      
11. Alive   3:27

 

 www.hplatz.de

 

 

 

 

RAINBOW “Black Masquerade (Rockpalast)”



Live at last! This is the first enthusiastic thought that popped up in my mind as soon as my eyes were set upon a copy of the new RAINBOW live release “Black Masquerade”. Maybe new is not the appropriate adjective to use in this case since the current RAINBOW live release dates back to RAINBOW’s 1995 “Strangers In Us All” tour. Nonetheless ‘new’ is appropriate if we think that no live album has ever officially been released with this line up: Ritchie Blackmore (guitar), Doogie White (vocals), Paul Morris (keyboards), Greg Smith (bass), Chuck Burgi (drums), Candice Night (backing vocals).

Unofficially bootleg copies were available on youtube and Internet before, to be  honest. Fortunately Eagle Records decided it was time to give this live performance an official release. So Black Masquerade comes in the dual form of a live CD and a live DVD. Both are from the show at the Philipshalle, Germany, October 9, 1995 for the German TV Rockpalast.

Expectations were high when Blackmore reformed RAINBOW back in 1994. And many would wonder if the new singer, and the new line-up as well, could live up to RAINBOW’s glory days when the late Ronnie James Dio enraptured crowds of fans with his voice. That’s when this new release comes in to prove that, although one-off lead singers are almost impossible to replace, nonetheless the once-oh-so-missed magic can be conjured up again for all to experience.

Doogie White, a talented Scottish lead singer, is certainly no second-best in the crowded arena of contemporary hard rock singers. His voice is powerful and communicative. He masters songs from RAINBOW’S Dio-era, as well as the era with Joe Lynn Turner brilliantly. And that comes to show in the opening track of the show: the fantastic “Spotlight Kid”. One of the Rainbow’s favourite opening songs ever, here the band takes no prisoners and Blackmore’s guitar work is remarkable and unique. “Too Late for Tears”, from the aforementioned “Stranger In Us All” album, follows on and the atmosphere turns into hard’n’blues. “Long Live Rock’n’Roll” then fires the audience up with its anthem chorus. In the middle of the song Blackmore segues into the riff of Deep Purple’s “Black Night”.


Then “Hunting Humans (Insatiable)”, from the “Stranger In Us All” album, spreads a sense of darkness and mystery. It’s a song full of tension that builds upon the dark and brooding melodic passages within. The following “Wolf To The Moon/Difficult To Cure” sears the stage and shows a band in full shape.

Here Blackmore delivers one of his best solos and arpeggios. One of those who make you stand and take notice. The blend of fast intense runs combined with classical arpeggios is the “Man in Black” signature reminds us why he is one of the best all-time guitarists in the world. After a masterful solo by Paul Morris on the keyboards the evergreen “Still I’m Sad” and “Man on the Silver Mountain” take us back to the magic and the glory of the days when RAINBOW first appeared on the hard rock scene. Nothing was going to be the same anymore since then. Here White’s singing recalls Dio’s and Blackmore’s solo is a masterpiece of guitar work: searing licks combined with softly blues-based runs then back to arpeggiated melodies.

One of the highlights of the live recording is, without doubt, “Temple of the King”. A dramatic, soft, Renaissance-era like ballad from the first RAINBOW album performed brilliantly. On the close Blackmore is emotionally involved in a melodic solo that has no equal.

The gig goes on soaring high on the notes and power of the great “Black Masquerade”, again a song from “The Stranger in Us All” album, which combines flamenco-classical-like guitar breaks and the frenzy powering of Burgi’s drumming. The song itself is a masterpiece. One of the Blackmore’s finest ever. The ensuing “Ariel” sees Candice Night’s vocals join in. The song is a pure beauty of the night combining epic style with Blackmore’s middle eastern riffs, dark and thunderous tempo. “Since You’ve Been Gone” takes us back to the days when Graham Bonnett took on the lead vocals. The song’s melodic chorus enlightens the mood and gives way to Purple’s evergreen “Perfect Strangers”.

As anyone knows Blackmore is a huge Renaissance music fan. Thus “Greensleaves” couldn’t be absent in the set list. The Man In Black plucks the strings gently like a minstrel and the song’s notes herald the following “Hall of the Mountain King”. The song is a sort of heavy rock adaptation of the classical piece by EDVARD GRIEG. The song draws to its conclusion on an emotional crescendo that leaves the listener breathless.

The band ends the show by performing two songs which are now part of rock’s history: “Burn” and “Smoke on the Water”. The rendition of “Burn” equals that of  DEEP PURPLE’s 1974 live version. It exudes fire, energy and testosterone! “Smoke on the Water” is the closing number at the end of a memorable live show that stood the test of time and that represents what a seminal, impressive, substantial and majestic band RAINBOW were (and still are).

The “Man In Black” is unpredictable. You never know what the future has in store. Die-hard fans always keep hoping. Let’s all hope that someday he feels like catching the Rainbow once again!



Release date: 23 August 2013
Label: Eagle Records Entertainment

Tracklist:

CD 1:
Introduction
Spotlight Kid
Too Late For Tears
Long Live Rock’n’Roll/Black Night
Hunting Humans
Wolf To The Moon/Difficult To Cure
Keyboard Solo
Still I’m Sad
Man On The Silver Mountain

CD 2:
Temple Of The King
Black Masquerade
Ariel
Since You’ve Been Gone
Perfect Strangers
Greensleaves
Hall Of The Mountain King
Burn
Smoke On The Water

SOUNDGARDEN "Superunknown"

 

IN MEMORIAM Chris Cornell - Review ursprünglich erschienen im Jahr 2013.

 

Wir schreiben das Jahr 1994. SYMPHONY X und MACHINE HEAD veröffentlichen ihre Debut-Alben. Die KYUSS Wüstensöhne lernen mit "Welcome to Sky Valley" jedem Kojoten das Fürchten. Über die Filmleinwand flimmern „Forrest Gump“ und „Speed“. Bill Clintons erste Amtszeit hat gerade erst begonnen, und das Internet ist kurz davor, kommerziell zu explodieren und seinen weltweiten Siegeszug anzutreten.

 

Und dann, am Anfang des noch jungen Jahres, bricht über den Metal-geeichten Hörer SOUNDGARDENs in Klang gegossene Depression herein. Ganze Heerscharen von begeisterten Hörern begeben sich mit Chris Cornell, Drummer Matt Cameron, Bassist Ben Shepherd, und Gitarrist Kim Thayil in kollektive Psychotherapie.

 

Experimentierfreudig stürzten sich SOUNDGARDEN nach ihrem Hammeralbum "Badmotorfinger" aus dem Jahre 1991 in die Produktion des Nachfolgers. "Superunknown" war SOUNDGARDENs viertes Album und für einen Grammy in der Kategorie Bestes Rock-Album nominiert. Tatsächlich wurden dann die Titel "Spoonman" und "Black Hole Sun" mit selbigen Awards geadelt. Es sollte das kommerziell erfolgreichste der Band überhaupt werden.

 

Mit mehr als 70 Minuten Spielzeit ist "Superunknown" ein gewaltiger Batzen Musik. Das verstörende Cover-Artwork harmoniert perfekt mit der oftmals bleiernen Schwere der Musik. Das Motiv stellt eine verzerrte Fotografie der Bandmitglieder über einem, auf den Kopf gestellten, brennenden Wald dar. Beim Albumtitel selbst ließ sich Chris Cornell von einer Fehlinterpretation inspirieren, als er den Titel eines als Superclown betitelten Videos falsch las. Produziert wurde das Album von Michael Beinhorn der bereits bei Klassikern wie "Mother's Milk" von den Red Hot Chili Peppers oder Herbie Hancocks "Future Shock" die Finger am Regler hatte.

                      

 

"Superunknown" wälzt sich zäh wie Lava aus den Boxen. Die Musik ist eine einzige Litanei voll verstörter Menschen und deprimierter Seelen. Bereits die ersten drei Nummern "Let Me Drown", "My Wave" und "Fell on Black Days" brechen tonnenschwer durch die Boxen.

 

Quer durch das Album zieht sich eine beklemmende Grundstimmung, die den Hörer nicht mehr loslassen will. So ist zum Beispiel "Mailman" die Lebens-Chronik eines frustrierten Menschen der jeden Augenblick ausrasten könnte. "The Day I Tried to Live" persifliert die zum Scheitern verurteilten Versuche der Menschen, ihre Lebensumstände angesichts monotoner Lebensroutinen ändern zu wollen.

 

Bei "Spoonman" wiederrum ließ man sich von "Artis the Spoonman", einem Straßenkünstler aus Seattle inspirieren. Es lohnt, einmal den Namen in "YouTube" einzugeben. Der Titel selbst geht aber auf den Pearl Jam Basser Jeff Ament zurück, der für den Film „Singles“ eine fiktive Liste von Songs der im Film vorkommenden Band erstellte. Cornell machte es sich zum Sport, oder einfach einen Spaß daraus, aus diesen fiktiven Songtiteln auch tatsächliche Nummern zu zaubern.

 

... und dann ist da natürlich "Black Hole Sun". Der Smash-Hit des Albums, mit einem der vielleicht abgedrehtesten, absurdesten und wahrscheinlich gerade deshalb genialsten Texte der Musikgeschichte. Angeblich in nur 15 Minuten! geschrieben, führte "Black Hole Sun" die Charts in den USA insgesamt sieben Wochen lang an. Komponiert auf einer Gretsch Gitarre, glaubte Cornell ursprünglich, dass die Band den Song nicht sonderlich mögen würde. Geworden ist es dann jedoch der Sommerhit des Jahres 1994. Was die Nummer so einzigartig macht, ist die Verwendung eines Leslie Lautsprechers, ganz in alter Beatles Manier, der der Nummer ihre ganz eigene Note verpasste, wie Gitarrist Kim Thayil feststellte. Auf "Black Hole Sun" katapultiert Cornell den Hörer, nicht zuletzt aufgrund der abgedrehten Lyrics, in eine surreale Traumlandschaft. Wie er selbst einmal in einem Interview erklärte, spielte er mit dem Text nur um der Worte willen: "Der Refrain ist schön und leicht zu merken. Darüber hinaus muss ich sagen, dass der Text im Nachhinein kaum Sinn für mich gemacht hat. Ich war nur komplett in die Musik eingetaucht und malte mit den Worten ein Bild. Es gab kein bestimmtes Konzept oder Idee, die ich hätte transportieren wollen", so Cornell. Allen Leuten, die in dem Song eine positive Grundstimmung sehen wollten, widersprach Cornell entschieden: "Niemand scheint das zu verstehen, aber ‚Black Hole Sun‘ ist tieftraurig. Nur weil die Melodie schön ist, glaubt jeder es sei ein heiterer Song, aber das ist lächerlich". Wie dem auch sei, der Songtitel könnte unter Umständen auf eine Skulptur des amerikanisch-japanischen Bildhauers und Landschaftsarchitekten Isamu Noguchi zurückzuführen sein, dessen Skulptur Black Sun (1969) im Volunteer Park in Seattle steht.

 

 

Dank origineller Arrangements, abwechslungsreicher Rhythmen und des melancholischen Songwritings gelang es SOUNDGARDEN auf ihrem vierten Album jedem Klischee großräumig auszuweichen. Auch versuchten sich die Jungs aus Seattle erfolgreich an unterschiedlichen Gitarrenstimmungen, unter denen die Dropped-D-Stimmung noch die konservativste war. "My Wave" und "The Day I Tried to Live“ wurden beispielsweise in einer E-E-B-B-B-E Stimmung eingespielt, und hoben die Nummern dadurch auf eine gänzlich andere Ebene.

 

Aufgenommen wurde "Superunknown" zwischen Juli 1993 und September 1993 im Bad Animals Studio in Seattle. Produzent Beinhorn, bekannt für seine Obsession mit Sounds, dürfte die Band bei der Produktion zeitweise bis an die Schmerzgrenze gefordert haben. Chris Cornell sagte einmal in einem Interview, dass Beinhorns Besessenheit mit Sounds schon beinahe etwas "anales" hatte und die Band oftmals richtiggehend genervt von seiner Manie war. Den Ansatz, den Beinhorn dabei verfolgte, war zuerst die Rhythmustracks eines Songs aufzunehmen, und dann den "Rest". Hatte Beinhorn endlich den Sound gefunden, mit dem er aufnehmen wollte, konnte die Band den Song schon nicht mehr hören, erinnert sich Cornell an den mühsamen Entstehungsprozess. Beim nächsten Song ging das Spiel wieder von vorne los. Kein Wunder, dass man sich während der Aufnahmen eine kurze Auszeit für eine Mini-Tour mit NEIL YOUNG nahm, und froh darüber war, für eine kurze Zeit den Studiohallen entfliehen zu können.

 

"Superunknown" wurde am 8. März 1994 veröffentlicht. SOUNDGARDEN gelang mit ihrem vierten Album der große kommerzielle Durchbruch. Das Album stieg bei seiner Veröffentlichung auf Platz eins der Billboard 200 Charts ein. Nur einen Monat später, am 8. April, sollte sich Kurt Cobain das Leben nehmen. Kobains Tod läutete eine musikalische Zeitenwende ein, zu der "Superunknown" den Soundtrack lieferte.

 

Abschließend bleibt zu vermerken, dass der Rummel rund um das Grunge-Phänomen in den Neunziger Jahren ein beliebtes Angriffsziel von Musik-Kritikern und Fans zugleich war. Gelang es doch der Musikindustrie einen Hype sondergleichen zu produzieren und diesen äußerst erfolgreich zu vermarkten. In atemberaubender Geschwindigkeit wurde eine anfangs noch überschaubare Szene kommerzialisiert. Industrie und Medien rissen sich regelrecht um Musiker aus Seattle. Es schien, als würde ein jeder der Anfang der Neunziger in Seattle eine Gitarre halten konnte und ein Flanellhemd trug vom Stand weg mit einem Major-Plattendeal altersversorgt. Umso erstaunlicher, welch musikalische Meisterleistung in diesem Umfeld SOUNDGARDEN erbracht haben.

Es ist nicht alles Gold auf dem Album und nicht alle Tracks können gleichermaßen überzeugen. Trotzdem sind genügend außergewöhnliche Kompositionen auf der Platte, um sie zu einem musikalischen Zeitdokument einer wichtigen Periode der Musikgeschichte zu machen. Mit "Superunknown" erschlossen SOUNDGARDEN definitiv neue musikalische Ufer. Ungeachtet der dunklen Grundstimmung des Albums hat "Superunknown" etwas Berauschendes, das den Hörer gefangen nimmt und dank seiner schleifenden, bleischweren Melodien nicht mehr loslassen will. Ein Höhepunkt der Grunge-Welle.

 
Label: A&M Records
Veröffentlichung: 1994

Tracklist

Let Me Drown
My Wave
Fell On Black Days
Mailman
Superunknown
Head Down
Black Hole Sun
Spoonman
Limo Wreck
The Day I Tried To Live
Kickstand
Fresh Tendrils
4th Of July
Half
Like Suicide
She Likes Surprises

www.soundgardenworld.com